



Ausweitung des öffentlichen Raums, Januar 2011
Bleibt Isenburg zonenfreie Zone?
Montagsrunde fordert Umweltzone und mehr öffentlichen Raum für die Bürger.
Noch immer wird der öffentliche Raum in Isenburg überwiegend dem rollenden und ruhenden Autoverkehr geopfert. Darunter leiden Wohn- wie Geschäftsquartiere. Verkehrsberuhigung und Umweltzone könnten Lebensqualität und Attraktivität spürbar aufwerten.
Angefügt ist ein Artikel von Manfred Wawra „Kein Bedarf an Verkehrsberuhigung“, der sich auf obige Thesen bezieht, und die Vorzüge von Verkehrsberuhigung weiter ausführt.
Nach dem Ende der DDR steht der Begriff Zone nicht mehr für Einschränkung, sondern als Oase der Freizügigkeit. Zumindest auf kommunaler Ebene.
Nur eine kurze Fußgängerzone und wenige verkehrsberuhigte Zonen bilden das Bisschen öffentlichen Raum, das die Stadt Neu-Isenburg ihren Bürgern gewährt. Nur dort dürfen sie sich freizügig bewegen, wird ihr Aufenthaltsrecht nicht dem Autoverkehr geopfert. Außerhalb der „Zonen“ genießt aber der Autoverkehr Priorität, das gilt stillschweigend selbst für schmale Bürgersteige, die als Parkplatz herhalten müssen, auch wenn dann kein Kinderwagen mehr durchpasst.
Mit dem Beitritt zur Umweltzone Rhein-Main würde der Magistrat anerkennen, dass „freie Bürger“ mehr kommunale Freiheiten brauchen als nur „freie Fahrt“.
Verkehrsberuhigung ist nicht teuer, Autoverkehr dagegen schon. Kalkulatorisch kostet ein städtischer Parkplatz den Steuerzahler 50 Euro im Monat, ein innerstädtisch zurückgelegter Auto-Kilometer sechs Cent. Allein der geplante aufwendige Verkehrskreisel am Isenburg-Zentrum käme allemal teurer als großzügige Verkehrsberuhigung. Denn bei der Umwandlung von Autostraßen in öffentlichen Raum ist ein kostspieliger Umbau nicht in jedem Falle notwendig.
Inzwischen werden gerade in Rhein-Main viele Modelle der Verkehrsberuhigung angewendet: verkehrsberuhigte Zone („Spielstraße“), Shared Space, Begegnungszone. Zumal das jetzt auch in Frankfurt bewährte Schweizer Konzept der Begegnungszone bedarf keinerlei teurer Baumaßnahmen. Allen Modellen ist gemein, dass Autos weiterhin fahren und parken können. Sie haben halt nicht mehr Vorfahrt vor dem Bürger, der mit Muskelkraft unterwegs ist.
Den größten Nutzen stiften Verkehrsberuhigung und strenge Abgasnormen durch die massive Aufwertung von Wohn- wie Geschäftsquartieren. Lebensqualität, Immobilienwert und Einzelhandelsumsatz steigen deutlich, wenn der umgebende öffentliche Raum „stimmt“. Ist erst die Gleichberechtigung von Mensch und Auto großflächig hergestellt, begreifen und nutzen die Bürger die neuen Freiräume, respektieren auch die Autofahrer die Spielregeln und drosseln ihr Tempo. Bleibt es aber beim mageren Isenburger Stückwerk, werden sich die Gewohnheiten kaum bessern. Als Vorbild sollten süddeutsche Quartiere gelten, wo sich selbst ausgediente Kasernen als beliebte Wohnstandorte erweisen. Und Frankfurt holt gerade mächtig auf. Auch mit der Umweltzone.
Ob bestehende oder erst recht künftige Wohnquartiere im Birkengewann, auf den „Agfa“- und „DLB“-Arealen sowie die Konzipierung der Frankfurter Straße als Flaniermeile: Verkehrsberuhigung kombiniert mit leistungsfähigem ÖPNV (Straßenbahn!) ist der Schlüssel zur erfolgreichen Stadtentwicklung.
Die Montagsrunde
Kein Bedarf an Verkehrsberuhigung
Vor allem Eltern mit Kindern schätzen den Sicherheitsaspekt der verkehrsberuhigten Zone. Doch der Magistrat sieht keinen weiteren Bedarf.
Von Manfred Wawra
Neu-Isenburg. Die Verkehrsflut steigt, die Sehnsucht der Menschen nach verkehrsberuhigten Zonen im Stadtgebiet wächst. Dort gibt es keine rasenden Autos, denn sie müssen Schritttempo fahren. Fußgänger, vor allem ältere Menschen, und Radler fühlen sich sicher und dürfen die Straße auf ihrer gesamten Breite benutzen.
Auch Eltern mit Kindern schätzen den Sicherheitsaspekt einer verkehrsberuhigten Zone. Außerdem erschließen sich für die Anwohner Möglichkeiten, auf der Straße auch mal einen gemütlichen Plausch zu halten und ihre Kinder dort spielen zu lassen, ohne dass sie vor Autos weichen müssen.
Kein Wunder, dass auch in Isenburg der Wunsch nach weiteren verkehrsberuhigten Zonen ein häufig geäußerter ist. Doch der Magistrat sieht derzeit keine Möglichkeit, diesem Wunsch nachzukommen. Er hat das gemäß einem Auftrag der Stadtverordnetenversammlung prüfen lassen und kommt zu dem Ergebnis: «In Neu-Isenburg lassen sich nur wenige Straßen mit überschaubarem Bauaufwand kurzfristig als verkehrsberuhigte Zonen einrichten.»
Parkdruck erhöht sich
Mit der Einrichtung solcher Zonen würden Parkplätze wegfallen und der Parkdruck würde sich an anderer Stelle erhöhen. Außerdem seien die Baukosten und die Unterhaltung verkehrsberuhigter Zonen höher als bei herkömmlichen Straßen. Bürgermeister Herbert Hunkel (parteilos) sagt: «Ich sehe daher keinen akuten Handlungsbedarf zur Ausweisung von weiteren verkehrsberuhigten Zonen.» Allerdings solle laut Hunkel bei anstehenden Straßenbauprojekten grundsätzlich die Möglichkeit und Notwendigkeit zur Einrichtung verkehrsberuhigter Zonen «im Einzelfall» untersucht werden.
Der grünen-orientierte und umweltpolitisch ausgerichtete Kreis der Montagsrunde sieht das anders. Die vom Magistrat aufgeführten Mehrkosten für die Einrichtung verkehrsberuhigter Zonen möchte Werner Geiß von der Montagsrunde schon gar nicht gelten lassen: «Alleine der geplante aufwendige Verkehrskreisel am Isenburg-Zentrum käme allemal teurer als eine sinnvolle Verkehrsberuhigung.»
Keine teuren Einrichtungen
Das auch in Frankfurt bewährte Konzept der Begegnungszone bedürfe keinerlei teurer baulicher Einrichtungen. Verkehrsberuhigte Zonen, dem Prinzip des von allen geteilten Straßenraums («Shared Space») und auch den Begegnungszonen sei gemeinsam, dass dort Autos auch weiterhin fahren und parken dürfen, «sie haben halt nicht mehr Vorfahrt». Verkehrsberuhigte Zonen in Neu-Isenburg könnten zum Beispiel im Neubaugebiet Birkengewann sowie bei der Bebauung des Agfa- und des ehemaligen DLB-Geländes eingerichtet werden.
In Neu-Isenburg bestehen bereits mehrere verkehrsberuhigte Zonen, so im Alten Ort, in der Robert-Koch-Straße, der Schützenstraße zwischen Wald- und Luisenstraße, der Stoltzestraße zwischen Goethe- und Wilhelm-Leuschner-Straße sowie am Bansapark.
Aus fnp 06.01.2011.