Finanzierung des Verkehrs im Kreis Offenbach

Die Montagsrunde zum Nahverkehrsplan im Kreis Offenbach:

Finanzierung des gesamten Verkehrs aus einem Budget

 

Der Nahverkehrsplan 2016 für den Kreis droht an der ungesicherten Finanzierung zu scheitern. Das wäre zum Schaden aller. Vielleicht zeigt das zähe Ringen, das ein Scheitern nicht ausschließt, nur die fehlerhaften Strukturen der Refinanzierung auf.  Aller Streit ändert an der Sachlage nichts: Dringend wären bessere Angebote von Bus und Bahn erforderlich, trägt doch der Kreis maßgeblich zur problematischen Verkehrsstruktur im Ballungsraum bei: Über 80% der Pendler erreichen Frankfurt mit dem Auto und davon kommt ein hoher Anteil aus dem Kreisgebiet. Der Autoverkehr zwischen den Kreiskommunen dürfte bei etwa 80 % aller Verkehre liegen.

 

Die im Sinne der UN-Klimakonferenz erforderliche Verkehrswende kann wirkungsvoll nur von „unten“, also aus den lokalen Strukturen heraus entwickelt werden. Wie von der Wissenschaft gefordert, bedarf es einer gemeinsamen Verantwortung, Planung und Finanzierung des gesamten Verkehrs in den Gebietskörperschaften. Hierzu müssen auf kommunaler und Kreisebene Kosten und Nutzen aller Verkehrsträger analysiert und hieraus ein effizientes Verkehrskonzept abgeleitet werden.

 

Im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums und des Umweltbundesamtes hat die Universität Kassel ein praktikables Rechenmodell entwickelt, das recht präzise die kommunalen Kosten und Erlöse des Verkehrs ermittelt: Autoverkehr, Öffentliche Verkehrsmittel, Radler, Fußgänger. Die Ergebnisse der bislang untersuchten Städte sind erstaunlich. Der Autoverkehr verursacht unseren Kommunen immense Kosten, die nur marginal durch entsprechende Einnahmen gedeckt sind. Und das ohne Berücksichtigung externer Kosten für Klima und Umwelt! Auch wenn das Tool bislang in größeren Städten angewendet wurde, wäre nach Auffassung der Wissenschaftler auch die Nutzung in einem dicht besiedelten Landkreis sinnvoll. Nicht nur für eine nachhaltige Verkehrsplanung durch die Behörden, auch für die Bewusstseinsbildung aller Verkehrsteilnehmer. Nur wer weiß, welche Kosten er der Allgemeinheit verursacht, kann Verantwortung für sein Handeln entwickeln und seine Mobilitätsgewohnheiten ändern.

 

Es sei also Kreis und Kommunen dringend empfohlen, mit Hilfe des wirklich plausiblen und praktikablen Tools der Universität Kassel die Kosten des Verkehrs im Kreis zu ermitteln Es geht um die Gewinnung von Faktenmaterial, um daraus Handlungsalternativen abzuleiten. Die entsprechenden Informationen müssen dringend erhoben werden. Der sich wahrscheinlich ergebende notwendige Umsteuerungsbedarf ist ohnehin über längere Zeit zu verfolgen. Beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur geht nichts Knall auf Fall, aber die Zeit wird knapp. Die Organisation eines angemessenen und umweltverträglichen Verkehrs, auf dem zu einem guten Teil der Wohlstand der Region gründet, duldet keinen Aufschub.

 

Ohne ein Resultat für das Kreisgebiet vorwegzunehmen: Die schon vorliegenden Ergebnisse in ähnlichen Besiedlungsräumen weisen immense kommunale Kosten durch den rollenden und ruhenden Autoverkehrs auf, die nur minimal durch korrespondierende Einnahmen gemindert werden. Die öffentlichen Verkehrsmittel schneiden dagegen günstig ab, da ihre Kosten zu einem viel höheren Anteil gedeckt sind. Noch zu erwähnen ist, dass Rad- und Fußverkehr verhältnismäßig geringe Kosten verursachen.

 

Daraus folgt weiter: Auch der Autoverkehr sollte für seine Nutzung des kommunalen öffentlichen Raumes angemessen beitragen. Anwohnerparken, Anliegerkostenbeiträge, Parken in der City. Dann erlaubt der Verkehrsetat auch ein bedarfsgerechtes Angebot von Bus und Bahn, wie im Nahverkehrsplan vorgesehen. Zweifellos ergäben sich für die öffentlichen Haushalte Synergien: Zusätzliche Einnahmen aus dem Autoverkehr und dem ÖPNV, der von ehemaligen Autonutzern profitiert. Ohnehin würde gerade der Busverkehr, der im Kreis derzeit noch massiv vom dominanten Autoverkehr behindert wird, deutlich leistungsfähiger und attraktiver. Neue Linien, auch verlängerte Straßenbahnstrecken, wären mit großer Wahrscheinlichkeit rentabel.

 

Die Verkehrswende kann auch im Kreis kommen, zum Wohle von Klima, Umwelt, Handel, Gewerbe und städtischen Haushalten. Schluss mit dem Theater um den Nahverkehrsplan 2016. Die politischen Organe müssen sich zur Ordnung rufen und den Zweck verfolgen, weshalb sie eingerichtet worden sind: Dem öffentlichen Wohl zu dienen.

 

Die Montagsrunde

18.12.2015