Bürgerversammlung zum Verkehr am 27.11.2013

Versuch einer konstruktiven Nachlese, 9.12.2013

 

Zunächst war es ein recht umfangreicher Rechenschaftsbericht über diverse bauliche Maßnahmen. Durchaus überraschend wirkte dann der Rückgang des Autoverkehrs seit 1997, dessen ungeachtet dem Autoverkehr gewidmete Straßenprojekte realisiert wurden und demnächst mit der IZ-Kreuzung ihren Höhepunkt erreichen werden. Just an jenem Ort, den kürzlich ein renommiertes Architekturbüro als Stadtmitte ausmachte und dort einen Marktplatz vorsah.

 

Im Widerspruch zur autofreundlichen Gestaltung der Stadtmitte standen die Visionen von Prof. Follmann, der sogar typische Autopisten wie Offenbacher, Bahnhofstraße und Hugenottenallee zu Fahrradstraßen machen will. Kontinuierlicher und sicherer Radverkehr möge durch Schutzstreifen gewährt werden. Minikreisel sollen Ampelkreuzungen ersetzen und so auch Fußgängern und Radlern eine zügigere Passage erleichtern.

 

Isenburger Mobilität steht im krassen Gegensatz zwischen autogerechter Stadt der 60er Jahre und fortschrittlichen Konzepten zur Verkehrswende. Weil Prof. Follmanns Visionen beim Publikum durchaus Zuspruch fanden, wachsen die Zweifel am Sinn des geplanten autogerechten Kreuzungsbauwerks am IZ:

-          Umfasst das trotz Rückgang hohe Verkehrsaufkommen nicht weiterhin reichlich Durchgangsverkehr, der abgeleitet werden könnte?

-          Hat man bei der Autoverkehrsprognose die Entlastungswirkung der Stadtbahn „Westtangente“ vergessen?

-          Muss dieser zentrale Ort nicht doch die Funktion der „Stadtmitte“ als Marktplatz zwischen vorhandenem Zentrum und Südquartier einnehmen, ungeachtet des derzeitigen Autoverkehrs?

Die Bagger sind noch nicht angerollt. Ist das Projekt noch aufzuhalten? Ließe sich sogar noch ein „Marktplatz“ realisieren? Wäre ein Kompromiss denkbar, etwa bauliche Ausführung derart, dass nach Inbetriebnahme der Westtangente eine Verkehrsberuhigung des Platzes vorstellbar wäre? Entgehen uns Landesfördermittel? Müssten bereits erhaltene gar zurückerstattet werden?

 

Selbst wohlmeinende Experten stellen nüchtern fest, dass da nichts mehr zu machen ist. Die Bagger werden kommen. Ist die autogerechte Kreuzung nicht mehr aufzuhalten? Ergeht es uns wie bei Stuttgart21, Flughafen Kassel oder der Frankfurter Nordwest-Landebahn? Schon vor Baubeginn sind die Grundlagen des Projekts sachlich widerlegt, aber es ist wohl nicht mehr zu verhindern, wiewohl selbst der Bürgermeister am Sinn des Projekts zu zweifeln scheint.

 

Erst ein kluges Schlusswort aus dem Publikum offenbarte den planerischen Mangel: Der Verkehr sollte stets aus einer schlüssigen Stadtplanung abgeleitet sein. Dass es dieses übergreifende Konzept zur Stadtentwicklung gar nicht gibt, offenbart unser Stadtbild, gerade in den zentralen Bereichen entlang der Frankfurter Straße und rund um das Isenburg-Zentrum.

 

Unserer Stadt fehlt ein eigenständiges Profil und eine sichtbare Identität. Die entwickelt sich normalerweise rund um einen würdevollen, zentralen Platz. Ein Platz, der Zugang zu allen wichtigen örtlichen Funktionen – Post, ÖPNV, Handel, Gastronomie – bietet, der von der attraktivsten Architektur umgeben ist.

 

Stadtmitte oder Autokreuzung: Allein unsere Stadtoberen können jetzt noch das Ruder herumreißen. Es wäre ein mutiger, elementarer Entscheid für die langfristige Entwicklung der Stadt. Deshalb würden die Bürger sicher auch kurzfristige finanzielle Nachteile wie verlorene Landesmittel verzeihen, auf Dauer rechnet es sich für die Stadt und ihre Bürger.

 

Die Montagsrunde

9.12.2013